In den letzten fünf Jahren hat das Phänomen der sogenannten "digitalen Missionare" oder katholischen Influencer enorm zugenommen. Ich gestehe, dass ich mich dieser Welt zunächst mit einer gewissen Mischung aus Begeisterung, Erstaunen und Misstrauen genähert habe. Der Begriff "Influencer" ist nicht gerade der ansprechendste, wenn man an etwas so Heiliges wie die Weitergabe des Glaubens denkt. In den letzten zwei Jahren hatte ich jedoch die Gelegenheit, mit etwa zwanzig von ihnen eng zusammenzuarbeiten, und meine Erfahrungen waren so positiv, dass ich glaube, dass ein wahres Paradigma der Evangelisierung im Entstehen begriffen ist.
Das Positive
Das erste, was mir bei vielen dieser digitalen Evangelisten auffiel, war ihre geistliche Tiefe. Das sind keine Menschen, die einfach anfangen, über Gott zu reden, weil sie ein gewisses Charisma oder Netzwerkfähigkeiten haben. Ich habe bei ihnen eine aufrichtige Sehnsucht nach dem inneren Leben, nach dem persönlichen Kontakt mit Jesus Christus, nach dem Gebet und den Sakramenten gesehen. Sie wissen, dass man nicht geben kann, was man nicht hat, und deshalb ist ihre Priorität nicht das Mikrofon, sondern der Tabernakel.
Zweitens habe ich in ihnen eine große Verantwortung gesehen, ihre Ausbildung zu verbessern. Diejenigen, die die Wahrheiten des Glaubens öffentlich erklären - oft vor Tausenden von Menschen - wissen, dass sie nicht improvisieren können. Deshalb lassen sie sich ausbilden, sie lassen sich begleiten, sie stellen Fragen, sie lesen, sie kontrastieren. Dieser Wunsch, zu lernen und treu weiterzugeben, ist eine sehr ermutigende Eigenschaft. Einer der Aspekte, der ihnen hilft, sich dieses Punktes bewusst zu sein, ist, dass sie jedes Mal, wenn sie eine unklare oder falsche Nachricht geben, ein großes Feedback erhalten, das sie schnell korrigiert. Das hilft sicherlich, sich seiner eigenen Unzulänglichkeiten bewusst zu werden.
Ein dritter Punkt, der mich beeindruckt hat, ist die fehlende Besessenheit von Metriken. In einer Welt, in der der Erfolg in "Likes" und "Followern" gemessen wird, haben viele von ihnen gelernt, es anders zu sehen: Bei der Evangelisierung geht es nicht darum, viral zu gehen, sondern darum, Herzen zu erreichen. Wichtig ist nicht die Quantität, sondern die geistliche Fruchtbarkeit. Deshalb ist ihnen ein tiefgründiger Kommentar oft lieber als hundert flüchtige "Likes".
Auch ihr Wunsch nach Gemeinschaft hat mich erbaut. Obwohl sie von ihren Wohnungen oder Ateliers aus arbeiten und viele von ihnen keiner bestimmten kirchlichen Struktur angehören, habe ich in ihnen einen starken Willen gesehen, Kirche zu machen, zusammenzuarbeiten, sich gegenseitig zu unterstützen, nicht als Freibeuter, sondern als Mitglieder einer Gemeinschaft zu handeln. Es gibt eine echte Gemeinschaft unter ihnen, nicht nur im Stil, sondern auch im Geist. In diesem Sinne sind sie Brückenbauer und tragen wesentlich dazu bei, ein eher polarisiertes Umfeld zu beruhigen.
Die Risiken
Ein weiterer Lichtblick ist ihr Bewusstsein für die Gefahren ihres Mediums. Obwohl sie mit digitalen Werkzeugen arbeiten, sind sie sehr darauf bedacht, nicht in die Falle der virtuellen Flucht zu tappen, etwas, dessen sie sich sehr bewusst sind, da sie die ersten sind, die viele Stunden im Netz verbringen. Sie warnen ihre Anhänger oft vor den Risiken eines Lebens am Bildschirm. Sie fordern sie auf, zu beten, zur Messe zu gehen, sich um ihre realen Beziehungen zu kümmern, in die physische Welt hinauszugehen. In vielen Fällen sind sie Stimmen aus dem Inneren des Systems, die vor dessen Auswüchsen warnen.
Das schmälert natürlich nicht die Risiken. Je größer die Zuhörerschaft, desto größer der Schaden, wenn die Botschaft falsch ist oder das Leben unstimmig ist. Deshalb sind Begleitung, Demut und geistliche Wachsamkeit so wichtig. Nicht jeder, der eine Anhängerschaft hat, ist ein Apostel, und nicht alles, was katholisch klingt, ist das wahre Evangelium.
Aber mit ihren Licht- und Schattenseiten scheint diese neue Generation von Evangelisierern einen Weg zu eröffnen, mit vielen Menschen auf attraktive Weise in Kontakt zu treten. Die Evangelisierung, die jahrhundertelang hauptsächlich in den Händen der Orden lag und in jüngster Zeit dank zahlreicher Laieninstitutionen und aktiver Pfarreien neuen Schwung erhalten hat, breitet sich nun stark im digitalen Umfeld aus. Über die sozialen Netzwerke tragen viele Menschen - ohne ihre Zugehörigkeit zu einer geistlichen Familie aufzugeben - das Evangelium über die traditionellen Kreise hinaus und erreichen neue Zielgruppen und Kontexte. Und sie tun dies mit Kreativität, Kühnheit und oft mit einer Treue, die bewegt.
Die Zukunft der Evangelisierung hängt nicht ausschließlich von ihnen ab, aber sicherlich hängt sie für viele Menschen von ihnen ab. Sie werden niemals den Reichtum der Pfarrei, der Lebensgruppe oder der persönlichen Begegnung ersetzen, aber sie können das Tor zu all dem sein. Wie Papst Franziskus sagte, dürfen wir keine Angst haben, die Peripherien zu betreten. Und heute befinden sich viele dieser Randgebiete auf der anderen Seite des Bildschirms. Dass es Menschen gibt, die es wagen, Christus dorthin zu bringen, mit Wahrheit und Liebe, ist ein Grund zur Hoffnung.
Herausgeber von Omnes. Zuvor hat er für verschiedene Medien gearbeitet und 18 Jahre lang Philosophie auf Bachillerato-Ebene unterrichtet.